OSTEOCHONDROSIS DISSECANS (OD)

Was ist die Osteochondrosis dissecans?

Bei der OD kommt es zu einer lokalen Minderdurchblutung eines knorpelüberzogenen Areals eines Gelenks. Dieser Knochenteil löst sich sukzessive mitsamt seinem knorpeligen Überzug aus dem Verbund und kann so zu einem freien Gelenkskörper (Gelenkmaus) werden. Durch den Defekt kommt es unbehandelt zur Ausbildung einer Arthrose.

Welche Ursache gibt es dafür?

Die Ätiologie ist noch nicht restlos geklärt. Da vor allem sehr aktive Jugendliche betroffen sind, wird ein Zusammenhang mit wiederholten Mikrotraumata (repetitive Impulsbelastung) und eine Durchblutungsstörung als Hauptursachen angesehen. Häufig finden sich bei den betroffenen Personen ein Vit. D3 Mangel und/oder eine Störung des Calciumstoffwechsels.

Wo kommt die Osteochondrosis dissecans vor?

Die OD findet sich zumeist an der konvexen Gelenksfläche verschiedener Gelenke. Am häufigsten ist das Kniegelenk (~75 %) betroffen und hier vor allem die innere Oberschenkelrolle. Danach folgen Sprunggelenk (~5%), Ellbogen, Hüfte und Schulter.

Die juvenile Form mit offenen Wachstumsfugen hat eine höhere Regenerationspotenz, als jene im Erwachsenenalter.

Bilder Institut Dr. Rachinger: RÖ, CT, MR eines OD Herdes beim Kind

Welche Krankheitsstadien gibt es und wie werden sie diagnostiziert?

Stadieneinteilung der Osteochondrosis dissecans nach Bruns (1996):

Grad I: Der Knochen beginnt sich an aufzulösen. Die Veränderungen sind nur im MRT als beginnende Osteolyse mit einem Knochenmarködem erkennbar. Das Röntgen ist unauffällig. Da der Knorpel intakt ist und die mechanische Funktion nicht beeinträchtigt ist, haben die Patienten lediglich leichte, unspezifische Belastungsschmerzen. Ruheschmerzen, Schwellungen und Gelenksergüsse treten nicht auf. 

Grad II: Die Osteonekrose (Absterben von Knochengewebe) nimmt zu, der Knochen verdichtet sich (Sklerose). Erste Anzeichen der Knochenverdichtung werden auch im Röntgen als helle Linie sichtbar. Der Knorpel wird durch die Gelenksflüssigkeit ernährt und bleibt nach wie vor intakt. In einer Arthroskopie sind die Ränder aber bereits leicht eindrückbar. Die Beschwerden sind nach wie vor unspezifisch und treten während und/oder nach dem Sport auf.

Grad III: Das Knorpel-Knochenstück (Dissekat) beginnt sich aus dem Bett zu lösen, ist aber noch an Ort und Stelle. Es kann im Röntgen und in der MRT gut als solches erkannt werden. Im MR findet sich ein Flüssigkeitssaum um das Stück, der Knorpel ist an manchen Stellen schon gebrochen und das Stück wölbt sich vor. In einer Arthroskopie kann das Dissekat mit dem Tasthaken bereits teilweise unterfahren werden, ist aber noch fixiert. Die Schmerzsymptomatik nimmt zu und wird besser lokalisierbar. Man bemerkt ein Schonhinken.

Grad IV: Das Knorpel-Knochenstück löst sich aus dem Bett und wird zum freien Gelenkskörper (Gelenksmaus). Sowohl im Röntgen, als auch in der MRT und bei einer Arthroskopie kann das leere Mausbett und die Gelenksmaus dargestellt werden. Klinisch kommt es zu einem Gelenkserguss und eventuell zu einer Bewegungseinschränkung oder Blockade durch das freie Fragment. Die Schmerzen können dabei akut einschießen. Die Blockade kann sich spontan wieder lösen. Mit der Zeit wird das Dissekat im Gelenk zerrieben. Es kommt zu einer fortschreitenden Arthrose.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Die Therapie der OD richtet sich immer nach dem jeweiligen Stadium der Erkrankung. 

Grad I: Konservative Therapie für 3-6 Monate: Eine schmerzadaptierte Alltagsbelastung bei konsequentem Sportverbot wird empfohlen, um eine axiale Druckbelastung zu vermeiden und die spontane Verbesserung der Durchblutung zu ermöglichen. Eine Ruhigstellung des Gelenkes ist nicht erforderlich. Bei Schmerzfreiheit Beginn mit Physiotherapie (Einzelheilgymnastik, Aufbau der kniegelenksstabilisierenden Muskulatur). Eine MRT Kontrolle nach 4-6 Monaten ist sinnvoll.

Grad II:  Konservative Therapie für 3-6 Monate wie bei Grad I: Bei starken Schmerzen wird zunächst eine konsequente Entlastung für 4-6 Wochen empfohlen. 

Kommt es zu keiner Heilung, führt die konservative Therapie zu keine Schmerz- und Befundverbesserung oder steht ein baldiger Schluss der Wachstumsfugen bevor, ist eine operative (retrograde) Anbohrung des Herdes angezeigt, um die Durchblutung des Knochens zu verbessern. Um die Heilungschancen zu erhöhen kann der Bohrkanal mit körpereigener Beckenkammspongiosa aufgefüllt werden. Postoperativ ist eine konservative Therapie mit Entlastung der Extremität für 6 Wochen notwendig.

Bisphosphonate (Hemmen die Osteoklasten) sind eigentlich für die Behandlung der Osteoporose und von Knochenmetastasen zugelassen. Die intravenöse Verabreichung hat in Studien erste gute Behandlungserfolge gezeigt. 

Auch Versuchsstudien mit monoklonalen Antikörpern wurden bereits gemacht.

Diese Medikamente, die teilweise erhebliche Nebenwirkungen haben (grippeähnliche Symptome mit Muskel- und Gliederschmerzen), sind für die Behandlung der Osteochondritis dissecans nicht zugelassen.

(Wird ein Medikament außerhalb dieser Zulassung eingesetzt, so spricht man vom Off-Label-Use. Dieser ist nicht generell verboten. Er ist nur dann erlaubt, wenn der therapeutische Erfolg mit einer zugelassenen Arzneispezialität nach dem Stand der Wissenschaft voraussichtlich nicht erreicht werden kann). 

Grad III:  Die operative Refixation des Knorpel-Knochenstücks ist das Ziel. Das Dissekat wird weggeklappt, die Sklerosezone eröffnet, eventuell spongiöser Knochen aus dem Beckenkamm entnommen und das Knorpel-Knochenstück damit unterfüttert. Anschließend wird es mit Doppelgewindeschrauben, Minischrauben, oder resorbierbaren Schrauben und Pins refixiert. Postoperativ Entlastung der Extremität für 12 Wochen. Eine Ruhigstellung des Gelenkes ist nicht erforderlich. Bei Verwendung von Metallschrauben müssen diese vor Belastungsaufnahme wieder entfernt werden. 

Grad IV: Die Therapie erfolgt immer operativ. Ziel ist es die Gelenksmaus zu entfernen und das Mausbett zu versorgen. Da das Dissekat nach dem Herausfallen rasch degeneriert, ist eine Refixation dringlich. 

Die Wahl des Operationsverfahrens für den Knochendefekt richtet sich nach der Größe und dem Ort der Läsion. 

Die Mikrofrakturierung ist eine Therapieoption bei kleineren Läsionen. Größere Defekte können mittels Knorpel-Knochentransplantation (OATS) oder durch eine Knorpelzelltransplantation (MACT) behandelt werden.

Postoperativ ist eine Entlastung der Extremität für 6 Wochen erforderlich. Eine MRT Kontrolle 6 Monate postoperativ ist sinnvoll.